KÖNNEN MARGINALISIERTE (WI(E)DER)SPRECHEN? – SOZIALWISSENSCHAFTEN UND MÖGLICHKEITEN POLITISCHEN HANDELNS
Der Kongress des Jahres 2008 der Neuen Gesellschaft für Psychologie thematisierte die Einbettung der Wissenschaften vom Menschen in die sozialen Lebenswirklichkeiten. Dabei erschien es besonders wichtig, sich mit dem Forschungsdiskurs und seinem nach wie vor vorhandenem Anspruch auf Objektivität und Neutralität, sowie seiner beanspruchten Fähigkeit, neues Wissen zu generieren, auseinanderzusetzen.
In der Praxis führen diese Ansprüche häufig zu kohärenten Definitionen, die statische Erklärungsmodelle fortschreiben und wissenschaftliche Diskurse reproduzieren. Diese okkupieren schließlich soziale Praktiken innerhalb und außerhalb der Universität und partizipieren somit direkt an der gesellschaftlichen Aushandlung dessen, was sprechbar und was unsprechbar ist. Daher kann die politische Relevanz der Sozialwissenschaften wohl nicht genug Beachtung finden, im Besonderen in der Spiegelung der eigenen Arbeit, die sich im aktiven Gestaltungspotenzial der Sozialwissenschaften ausdrückt. Damit die Wissenschaften vom Menschen die Vielfalt menschlichen Lebens – die Erfahrung, das Erleben und die Sinnbildung des Menschen – nicht mehr lediglich mittels affirmativer Erklärungsmodelle festschreiben, sondern helfen, diese zu pluralisieren, gilt es, menschliches Leben zu politisieren und Stimmen der Zentren mit Stimmen der marginalisierten Ränder zu konfrontieren und deren Marginalisierung als Voraussetzung der Widerspruchsfreiheit und damit der Reproduktion praktizierter Hegemonien zu verstehen.
Ausgehend von marginalisierten Stimmen der Ränder der hegemonialen Zentren fragte daher dieser Kongress nach Möglichkeiten politischer Transformation. Können Marginalisierte (wi(e)der)sprechen? Welche Möglichkeiten emanzipatorischen Handelns bergen die Sozialwissenschaften? Welche Rolle können dabei die Massenmedien und das narrativ Fiktionale spielen? Und wie können die Sozialwissenschaften als Wissenschaften vom Menschen aussehen, die kontinuierlich marginalisierte Stimmen politisieren und damit gegenwärtiges Sprechen pluralisieren?
Diese Fragen waren Thema von vier Panels, in denen sich sowohl die Kritik an bestimmten Reproduktionsdynamiken konkretisierte als auch Möglichkeiten politischen Handelns entfaltete.
Ein Kongressband befindet sich in Vorbereitung. Erscheinungsdatum: Spätsommer 2009